| Was ist Sünde?(18.01.2009)
Das Wort „Sünde“ ist zum Unwort geworden und taugt allenfalls noch
für unpassende Wortverbindungen, wie „Verkehrssünden“, „Esssünden“
und was es so mehr an „Sünden“ gibt und für Witze und lockere Sprüche,
in denen Sünde verharmlost oder lächerlich gemacht wird.
Auch die kirchliche Verkündigung hat Probleme mit der „Sünde“. Es gilt
als rückständig von Sünde zu reden, weil nach herrschender Meinung
ohnehin alles relativ ist, und Menschen als „Sünder“ zu bezeichnen, gilt als „unmöglich“ wird doch dadurch „ausgegrenzt“ und die persönliche Freiheit, zu tun und zu lassen, was man für richtig hält, in Frage gestellt. Zudem ist der Mensch, nach allgemeiner Auffassung, von Natur aus gut. Böse seien allenfalls die Umstände (die natürlich auch von Menschen gemacht werden – also ein Widerspruch in sich).
Und fragt man Menschen, die sich selbst als „Christen“, bezeichnen, ob sie Sünder sind, bekommt man zur Antwort, dass sie anständige Leute und absolut keine Sünder seien, sondern nur das Gute tun und wollen. „Sicher seien sie nicht vollkommen – wer ist das schon“ – und sie räumen auch den einen oder anderen „kleinen Fehler“ ein, „aber dafür können sie ja nichts, denn schließlich war es ja Gott, der sie so, wie sie nun mal sind, geschaffen hat“.
Es gilt deshalb als erstrebenswert ein positives Bild von sich selbst zu haben und wenn man es nicht hat, notfalls mit therapeutischer Hilfe zu einem solchen zu gelangen.
Wenn aber alle keine Sünder sind, von und zu was hat uns Jesus dann
erlöst? Wenn alle so gut sind und alle die sterben, laut Todesanzeigen, herzensgute Menschen waren, warum ist dann so viel Not in der Welt?
Wie noch auszuführen ist, macht die Abschaffung des Sündenbegriffs das gesamte Christentum überflüssig, in dessen Folge das Christentum zu einer sozialen Religion, mit Jesus als „Vorbild“ degeneriert. Wird das
Ganze dann noch mit einem „liebenden“, „gnädigen“ und verständnisvollen“ Wunschgott garniert, haben wir eine zeitgemäße Religion mit christlichem Anstrich, aber kein Christentum.
Dass Sünde etwas ganz Reales ist, wurde mir einmal bei der Lektüre des
Buches, „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen – es ist soweit“, des Wissenschaftsautors Hoimar von Ditfurth, besonders deutlich.
Hoimar von Ditfurth war nach meiner Kenntnis kein Christ. Von daher ist er also „unverdächtig“. In seinem Buch verwendet er nirgendwo den
Begriff „Sünde“. Aber an vielen nachvollziehbaren Ereignissen und
Verhaltensabläufen zeigt er die Verkehrtheit des Menschen auf, die genau dem entspricht, was den Sündenbegriff letztlich ausmacht.
So zeigt Hoimar von Ditfurth auf, dass Menschen mit einer geradezu
unheimlich anmutenden Zielsicherheit genau das für sie letztlich
Zerstörerische tun, und das, obwohl sie um die negativen Folgen
ihres Handelns wissen.
Es entsteht sogar der Eindruck, dass der Mensch, seit dass es ihn
gibt, nichts anderes tut, als seine eigene Vernichtung zu betreiben.
Dabei braucht man noch gar nicht an so krasse Dinge wie Krieg,
Völkermord oder Verbrechen zu denken. Der Bericht vom Sündenfall,
der Ur- oder Erbsünde, bekommt so neue Aktualität.
Das fängt schon bei ganz einfachen Dingen an, wie einem Verhalten
mit dem die eigene Gesundheit geschädigt wird. Und das geht dann
weiter über Dinge wie Umweltzerstörung und das St. Floriansprinzip,
wo man rücksichtslos andere die Folgen seines Tuns tragen lässt.
Die Welt und die täglichen Nachrichten sind voll von solchen Berichten.
Um ein ganz aktuelles Beispiel zu nennen: Die Tatsache, dass derzeit
Milliardenhilfen für die Wirtschaft bereitgestellt werden, um die Folgen der Finanzkrise zu mildern, ruft, Zeitungsberichten zufolge, schon wieder Betrüger auf den Plan, die versuchen, hieraus Kapital zu schlagen.
Ist das nicht schlimm? Es scheint genügend Leute zu geben, die nichts
anderes zu tun zu haben scheinen, als alle Neuerungen, Erfindungen und sozialen Gesetze sofort daraufhin abzuklopfen, wie man sie am effektivsten auf kriminelle Weise nutzen kann. Und ganz ehrlich: Hat hier nicht schon jeder Mal versucht, Dinge zu seinen Gunsten zu schönen? Damit fängt es ja schon an!
Irgendwie sind wir alle beteiligt, denn wenn es uns gut geht, dann leben dafür andere in nicht so guten Verhältnissen. Wenn wir bei uns billige Waren kaufen können, müssen andere dafür darbend malochen, wenn wir vor fremden Küste die Meere plündern, kommen die Menschen dort in Not und wenn alles leer gefischt und abgeholzt wird, dann bekommen künftige Generationen Probleme, um nur einige Beispiele zu nennen.
Das ist die eine Seite. Die andere ist die, dass dies nicht nur niemanden sonderlich aufregt, sondern wir sofort jede Menge Entschuldigungen und „Sachzwänge“ anführen können, die dieses Verhalten rechtfertigen. Und tatsächlich stimmen diese Begründungen sogar ein Stückweit.
Hoimar von Ditfurth durchschaut hier die menschliche Natur und stellt fest, dass der Mensch ein „unschuldig Schuldiger“ ist, ein Gefangener in sich selbst, der aus den vielfältigsten Ursachen heraus gar nicht anders kann, als ständig an dem Ast zu sägen, auf dem er sitzt.
Mir fiel auf, dass diese Beschreibung dem biblischen Menschbild entspricht und was gemeint ist, wenn hier von der Knechtschaft unter die Sünde gesprochen wird. Paulus bringt das in Römer 7 so treffend zum Ausdruck in dem er schreibt:
Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so gebe ich zu, dass das Gesetz gut ist.
So tue nun nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Denn ich
weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.
Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue
nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. So finde ich nun das Gesetz, dass mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen.
Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde,
das in meinen Gliedern ist.
Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen
Leibe? (Verse 14-24)
Weil das so ist, müssen letztlich alle, noch so gut gemeinten Ideologien und Weltverbesserungsversuche scheitern. Der in sich selbst zerrissene und auf sich fixierte Mensch, der mit sich, seinen Nächsten und letztlich mit Gott im unreinen ist, wird immer wieder in seine angeborenen Verhaltensmuster zurückfallen. Von Natur aus sind wir so alle Rebellen gegen Gott und Feinde Gottes, wie es die Bibel nennt. Denn Gott will eigentlich etwas ganz anderes.
Sünde ist also nicht so sehr die einzelne Tat, die nur Ausfluss unserer Herzenshaltung ist, sondern unser natürlicher Zustand, in den wir hineingeboren werden. Sünde hat deshalb auch nur wenig mit moralischen Kategorien zu tun und kann auch durch den „kategorischen Imperativ“ eines Immanuel Kant, nach welchem sich der Mensch eines vorbildlichen, Maßstäbe setzenden Verhaltens befleißigen soll, nicht aufgehoben werden.
Sünde bedeutet Trennung von Gott und damit Zielverfehlung des Lebens. Die Bibel sagt es ganz krass: Der Tod ist der Sünde Sold. Und letztlich mündet das in den ewigen Tod. Von Natur aus fragen wir nicht nach Gott, sondern tun das was uns richtig dünkt. Wir wollen selbst sein wie Gott, und das ist letztlich tödlich.
Zu erkennen, was Sünde ist, ist eine der Voraussetzungen um überhaupt Christ werden zu können. Vergleichbar ist das mit dem Süchtigen, der erst dann geheilt werden kann, wenn er seine Verkehrtheit spürt.
Erst wenn es zur Sündenerkenntnis kommt, ist eine Umkehr und ein Neuwerden, ist eine Heilung, ein Heilwerden möglich. Paulus blickt nach seinen pessimistischen Worten nun von sich weg auf Christus und fährt abrupt fort:
Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn. Römer 7, 25
Und hier spürt er die Wirkung des Erlösungswerks Jesu Christi, der durch sein Leiden und Sterben die Trennung zwischen Gott und uns beseitigt hat, so dass der Weg zurück ins himmlische Vaterhaus wieder frei ist.
Wenn wir diesen Weg gehen und uns an IHN halten, wird erfahrbar was Paulus bezeugt:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5,27).
Das ist es, was als Wiedergeburt bezeichnet wird und wo wir das Ewige Leben geschenkt bekommen über das der biologische Tod nicht mehr das letzte Wort behält. Das Gesetz der Sünde und des Todes hat seine
Macht über uns verloren, die Angst schwindet, wir werden frei! Gott beschenkt uns zudem mit dem Heiligen Geist, der uns in alle Wahrheit leitet.
Aber sind die Christen nun wirklich „besser als andere“? Ich denke nicht. Oftmals verhalten sich die „Anderen“, viel menschlicher als diejenigen, die sich Christen nennen.
Durch den Glauben werden wir ganz zweifellos zu neuen Menschen, etwas, was sogar im persönlichen Umfeld auffällt. Der Christ hat völlig andere Perspektiven. Sein Blick geht über das Zeitliche und Vergängliche hinaus. Er hat eine große Hoffnung und kann sich immer sagen, „Das Beste kommt ja erst noch“. Aber wir müssen dran bleiben und uns stetig verändern lassen und dürfen den Kontakt zum Herrn in Gestalt des Gebets und Bibelstudiums nicht abreißen lassen. Und wir müssen Täter des Wortes sein, nicht nur Hörer allein!
Alle unser Mängel und Schwächen werden wir nicht ablegen können, wir werden keine „besseren Menschen“, bleiben Sünder, werden aber durch das Blut Jesu Christi gerecht gesprochen, der für unsere Sünden gestorben und zu unserer Rechtfertigung auferstanden ist, wie die Schrift sagt. Wie das sein kann, bleibt ein Geheimnis und kann nur im
Glauben erkannt und erfahren werden. Kurzum: Wir werden keine besseren
Menschen, sondern haben es nur besser!
Deshalb: Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch Jesus Christus unseren Herrn
(1. Korinther 15,57).
Und solange das alles verkündet, geglaubt, gelebt und erfahren wird, ist das Christentum nicht überflüssig.
Jörgen Bauer
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