| M. Käßmann und Sexueller Missbrauch(04.03.2010)
Zwei Themenkreise haben in der vergangenen Woche für Furore gesorgt:
Da sind einmal die Missbrauchsskandale im Bereich der Katholischen Kirche und dann die Alkoholfahrt der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann, die, mit satten 1,54 Promille, bei Rot über eine Ampel gefahren war, wobei es zum Glück zu keinem Unfall kam.
(Erst vor kurzem ist der Sohn eines Bekannten und junger Familienvater auf tragische Weise zu Tode gekommen, weil ein „besoffener Idiot“, anders kann ich das nicht sagen, auf der Autobahn, entgegen der Fahrtrichtung, als Geisterfahrer, unterwegs war.)
Sowohl die Missbräuche als auch die Alkoholfahrt, sind für das Ansehen der Kirche – und da sollte man nicht zwischen den Konfessionen unterscheiden – nicht von Vorteil.
Für Menschen, die dem Glauben fern stehen, was insbesondere für die Bewohner unseres neuheidnischen Landes gilt, sind Glaube und Kirche identisch. Das erlebt man immer dann, wenn man mit Menschen ins Gespräch kommt und diese auf die Frage nach dem Glauben sofort mit Kritik an der Kirche antworten.
Oftmals muss dann erst mühsam erklärt werden, dass es um den Glauben an Gott und nicht um den an die Kirche, als Organisation, geht und dass die Kirche, neben der Wahrnehmung organisatorischer Aufgaben, der Ort ist, an dem die Gläubigen zusammenkommen.
Weil Glaube mit Kirche identifiziert wird, tun Menschen, die sich als Christen
bezeichnen, gut daran keinen Anstoß zu erregen. Denn das Fehlverhalten von Christen findet besondere Beachtung und wird entsprechend hämisch kommentiert.
Die andere Seite ist die, dass die Gemeinde eine Gemeinschaft von Sündern ist, weshalb es ebenso falsch wäre, aus der Gemeinde eine Gemeinschaftder „besseren Menschen“ zu machen und damit eine Atmosphäre der Heuchelei zu schaffen, in dem man versucht nach außen an Tugendhaftigkeit zu glänzen, dabei stets den erhobenen Zeigefinger parat hält und dabei eigene Schwächen und Fehler entweder nicht wahrhaben will oder ängstlich vertuscht.
Auch das soll es ja geben!
Tatsächlich lebt die Gemeinde davon, dass jeder aus der Vergebung lebt, dass man seine Schwächen eingestehen kann, dass man sich gegenseitig beisteht, dass man einander vergibt und einem jeden, der gefehlt und darüber Buße getan hat, eine neue Chance gibt.
Dass die Gemeinde, trotz allen menschlichen Versagens, eine Gemeinschaft der Heiligen ist, hängt damit zusammen, dass diese die Gemeinschaft der von Gott aus der Welt Herausgerufenen ist, die unter der Herrschaft ihres Herrn Jesus Christus und unter der Leitung des Heiligen Geistes steht und damit geheiligt ist.
Wie soll man unter diesen Prämissen die Ereignisse der letzten Zeit bewerten? Dabei halte ich es für wichtig, die Dinge emotionslos, kühl und sachlich, ohne Ansehen der Person, zu bewerten.
Ich will zuerst einmal in Richtung der katholischen Kirche blicken.
Sexueller Missbrauch von Kindern ist ganz zweifellos ein Verbrechen, das geahndet werden muss. Sexueller Missbrauch kommt leider häufiger vor, und es gibt ihn nicht nur in der katholischen Kirche.
Wie einer katholischen Publikation zu entnehmen ist, muss leider davon ausgegangen werden, dass, im Vergleich zur übrigen Bevölkerung, der Anteil sexuell unreifer homosexueller Priester, überdurchschnittlich hoch ist und damit eine besondere Anfälligkeit für pädophiles (bezieht sich auf Kinder) oder ephebophiles (bezieht sich auf Jugendliche) Verhalten besteht (Herder-Korrespondenz, Heft 3/2010).
Mit dem Zölibat hat das nicht unbedingt etwas zu tun. Es gibt Menschen, denen es weniger Probleme bereitet, „um des Himmelreiches willen“, ehelos zu leben ohne deshalb sexuell zu entgleisen. Das ist aber ein Thema, das nicht Gegenstand meiner Betrachtung ist.
Es wurde einmal über einen Fall aus dem evangelischen Bereich berichtet, wo der Sohn eines Kirchenmitarbeiters missbraucht wurde. Daraufhin wurde der Mitarbeiter seitens der Kirche erheblich unter Druck gesetzt, die Sache nicht anzuzeigen.
Nachdem er dies trotzdem tat, war „das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber so zerstört, dass eine weitere Beschäftigung nicht mehr möglich war“.
Es ist scheinbar so, dass in kirchlichen Kreisen, egal welcher Konfession, die
Neigung besteht, „mit dem Sünder gnädig zu verfahren und ihm vorbehaltlos zu vergeben“, getreu dem Motto „wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Das gilt als „christlich“. Zudem kann man sich auf 1. Korinther 6 berufen, wonach es sich für Christen nicht ziemt ihre Streitigkeiten vor Gericht auszutragen.
Das bezieht sich allerdings auf zivile Streitigkeiten, bei denen es um Eigentum, Besitz, Ansprüche usw. geht, nicht aber auf Verbrechen. Hier wäre eher Römer 13 einschlägig, wonach der Obrigkeit das Richtschwert, zum Bestrafen der Bösen, verliehen ist.
Allerdings werden auch in Firmen, Vereinen und Institutionen bestimmte Vergehen intern bereinigt und nicht zur Anzeige gebracht. Das gilt insbesondere für Vermögens- und Eigentumsdelikte, wenn der Täter den Schaden umgehend behebt und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert. Das wird oftmals auch in leichteren Fällen von sexueller Belästigung praktiziert.
Bei Verbrechen und Vergehen gegen die körperliche Unversehrtheit, wie Mordanschlägen, schwere Körperverletzung, sexuellen Übergriffen usw. „hört der Spaß auf“, und hier kann nicht endlos geklärt, nachgeforscht und damit letztlich unter den Teppich gekehrt werden.
Was allerdings verwundert ist, warum erst jetzt, in geballter Form, Sexualdelikte
bekannt werden, die zum Teil schon jahrzehntelang zurückliegen. Das könnte den Eindruck einer gezielten Kampagne erwecken.
Wie dem auch sei, ist hier Handlungsbedarf geboten, und es kann nicht sein, dass über die Täter weiterhin das Mäntelchen der Nächstenliebe gehängt wird und die Opfer mit seelsorgerlichen Sprüchen beschwichtigt werden.
Dem steht nicht entgegen, dass ein Opfer einem Täter persönlich vergeben kann und diesem nichts nachträgt. Was es aber nicht gibt, ist die „billige Gnade“ des Bagatellisierens und Verharmlosens. Verfehlungen müssen benannt und bereinigt werden.
Jetzt zur evangelischen Seite.
Es kann auch hier nicht darum gehen zu richten und zu verurteilen. Es war schon immer so, dass auch integere Persönlichkeiten zu den größten Dummheiten fähig sind, und das Sprichwort, „Auch Alter schützt vor Torheit nicht“, nach wie vor zutrifft.
Ich weiß auch nicht wo und wie Margot Käßmann zu ihrem Vollrausch kam und warum sie niemand am Fahren gehindert hat. Ich bin auch nicht dafür, jemanden wegen eines Fehlverhaltens fallen zu lassen und sofort nach „Rücktritt“ zu rufen, so wie es im politischen Bereich bei jeder Bagatelle üblich ist.
Merkwürdig berührt haben mich allerdings die sofort einsetzenden Bemühungen das Fehlverhalten der EKD-Ratsvorsitzenden zu bagatellisieren, zu verharmlosen und zu entschuldigen.
So wurde viel Verständnis für die persönliche Situation von Frau Käßmann gezeigt, die, bedingt durch den Stress ihres Amtes und sonstiger Belastungen, durchaus das Recht habe, sich auch mal zu „entspannen“, wogegen, wenn es nur darum ginge, tatsächlich nichts zu sagen wäre.
Die EKD hat aber, noch bevor Einzelheiten bekannt waren, der Alkoholfahrerin gleich mal vorauseilend, geschlossen das Vertrauen ausgesprochen und erklärt, dass für einen Rücktritt keine Notwendigkeit gesehen werde, zumal Frau Käßmann Großes geleistet habe (was nicht bestritten werden soll) und praktisch „unersetzlich“ sei, weshalb dieses einmalige Fehlverhalten nicht ins Gewicht falle.
Die ganze Sache wurde – und das fand ich überhaupt nicht gut – höchst emotional abgehandelt. Das Ganze erinnerte etwas an Prinzessin Diana (Lady Di), die, aufgrund ihres medienwirksamen Auftretens, von Fans als „Königin der Herzen“ verehrt wird.
Das gipfelte darin, dass die allseits bekannte Emanze Alice Schwarzer, vermutete, dass Frau Käßmann nur deshalb zurücktreten „musste“, weil sie eine Frau ist.
Frau Käßmann „musste“ bestimmt nicht deshalb zurücktreten, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie sich aufgrund ihrer Funktion „unmöglich“ gemacht hat, wobei ihr die Berichterstattung in den Medien den Rest gegeben hätte, wenn sie nicht sofort zurückgetreten wäre.
Die Medien haben die Alkoholfahrt sofort aufgegriffen und kübelweise Hohn und Spott über Frau Käßmann ausgegossen. Keine Satiresendung in der Margot Käßmann nicht der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. So war z.B. zu hören, dass die Stadt Hannover jetzt mit zwei Problemen fertig werden müsse, zum einen keine Bischöfin und zum anderen keinen Messwein mehr zu haben.
Der Berliner Kurier titelte „Lalleluja Frau Bischöfin“, BILD wusste, dass Frau Käßmann nicht allein im Auto war und die Märkische Allgemeine Zeitung (Potsdam) spekulierte darüber, ob Frau Käßmann auch einen Fischaufkleber am Auto gehabt habe und kommentierte, dass ein Fischaufkleber am Auto signalisiere, dass der Fahrer mehr Gottvertrauen als Fahrpraxis habe, wodurch andere gewarnt seien, womit dann gleich pauschal alle, die einen Fischaufkleber am Auto haben, verhöhnt wurden.
Frau Käßmann hat mit ihrem Rücktritt deshalb das Richtige getan, und ich vermute, dass das über kurz oder lang auch honoriert wird. Frau Käßmann wird, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit eine „einfache Pastorin“ sein.
Wer einmal irgendwo „oberster Chef“ war, kann anschließend unmöglich in der gleichen Firma als „einfacher Sachbearbeiter“ tätig sein. Sicher wird man ihr ein neues adäquates Amt anbieten.
Ein erster Ruf in dieser Richtung ist bereits erfolgt: Laut Günther Beckstein (CDU)
hat Frau Käßmann eine zweite Chance verdient und sollte in Zukunft wieder eine
herausragende Position einnehmen.
Mit ihrer als freundlich, liebenswert und als verständnisvoll wahrgenommenen Art kommt sie ganz zweifellos den Wunschvorstellungen vieler Menschen entgegen. Und eine Kirche die sich human gibt und für soziales Wohlbefinden sorgt, tut damit etwas im weitesten Sinne „Christliches“.
Aufgabe der Kirche ist es aber, Wegweiser auf Jesus Christus zu sein und den Weg zur Sündenerkenntnis, Umkehr, Vergebung, kurzum zum ewigen Leben zu weisen. Hier muss gefragt werden, ob die EKD, einschließlich ihrer Ratsvorsitzenden, in der als einzige Partei die Grünen vertreten sind, dafür die richtige Adresse ist.
Dass der Weggang von Frau Käßmann in weiten Kreisen „zutiefst bedauert“ wird, wirft eine Frage auf, die noch viel interessanter ist.
Wenn jemand „überall beliebt“ ist, fragt man sich, wie das sein kann. Üblicherweise hat jeder, der eine klare Linie vertritt, Gegner. Keine Gegner hat man, wenn man sich möglichst angepasst verhält und nicht aneckt. Frau Käßmann hat in vielen Glaubensfragen durchaus klare Ansichten. Hat sie die immer nachhaltig vertreten oder neigte sie mehr zu einem liberalen „Evangelium-light“?
Auch wenn ein Mensch, in diesem Fall eine Pfarrerin, nie vollkommen sein kann, lässt sich daran doch die Größe des Verlusts einschätzen, der durch ihren Rücktritt entstanden ist, und da habe ich den Eindruck, dass sich der Verlust in Grenzen hält, zumal ohnehin niemand unersetzlich ist.
Ihr Stellvertreter, Präses Nikolaus Schneider, der sich selbst als „links und fromm“
bezeichnet und der das Amt des EKD-Ratsvorsitzenden kommissarisch, bis zu einer Neuwahl weiterführt, hat bereits angekündigt, weiterhin im Sinne von Frau Käßmann zu wirken und sich auch zu politischen Themen zu äußern.
Dagegen wäre nichts zu sagen, wenn nicht vorhersehbar wäre, in welche Richtung sich diese Äußerungen bewegen werden. Eine EKD wäre für mich dann respektabel, wenn sie den Mut hätte, zu Problemen Stellung zu nehmen, bei denen kein Beifall von linker Seite zu erwarten ist.
Ich denke hier an die existenzielle Bedrohung unseres Volkes durch masseweise Abtreibungen, an den selbstzerstörerischen Dummfug des Genderismus, an die Unterwanderung durch den Islam usw. Hier wäre es notwendig Farbe zu bekennen und zu widerstehen, statt sich der Welt und linken Meinungsmachern anzupassen und nicht nur kein Gegengewicht zu christenfeindliche Religion zu bilden, sondern diese sogar noch zu fördern.
Als neulich eine christliche Zeitschrift über brutale Christenverfolgungen im Sudan berichten wollte, traf dies auf entschiedenen Widerstand der EKD, die dadurch den „Dialog mit dem Islam“ gefährdet sah. Daraufhin erfolgte keine Veröffentlichung.
Ich denke, das bedarf keiner weiteren Kommentierung. Was würde man wohl zu „Dialogen der Wahrheit mit der Lüge“ oder zu „Dialogen des Bundeskriminalamts mit der Mafia“ sagen?
Was kann uns das Wort Gottes dazu sagen?
Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben.
1. Korinther 6, Verse 9,10
Desgleichen den alten Frauen, dass sie sich verhalten, wie es sich für Heilige ziemt, nicht verleumderisch, nicht dem Trunk ergeben. Sie sollen aber Gutes lehren und die jungen Frauen anhalten, dass sie ihre Männer lieben, ihre Kinder lieben, besonnen seien, keusch, häuslich, gütig, und sich ihren Männern unterordnen, damit nicht das Wort Gottes
verlästert werde.
Titus 2, Verse 3-5
Und wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde;
2. Korinther 6, 3
Denn wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person.
Kolosser 3, 25
Im Gegenzug gilt aber auch:
Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
1. Johannes 1, Verse 9 und 10
Die hier angeführten Verse sprechen für sich und bedürfen keiner weiteren Kommentierung. Jeder kann selbst prüfen ob und inwieweit das, was in der Wirklichkeit geschieht, von den Maßstäben, die das Gottes Wort setzt, abweicht. Ich möchte hier keine Bewertungen vornehmen.
Sicher ist nur soviel, dass der Glaube verlästert wird, wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Im Übrigen kann kein Segen erwachsen, wenn Gottes Wort dem Zeitgeist entsprechend hingebogen wird, und das auch dann, wenn dies unbewusst und in bester Absicht geschieht.
Aber dabei muss es nicht bleiben.
Gott ruft immer noch zur Umkehr und die christliche Salz- und Lichtfunktion besteht darin, Falsches zu benennen und Gottes Ruf zur Umkehr hörbar werden zu lassen. Und das auch dann, wenn dies auf Widerstand stößt.
Die Entscheidung liegt bei jedem selbst.
Da Gott auch auf krummen Linien gerade schreiben und aus etwas, was Menschen sehr schlecht gemacht haben, etwas Gutes wachsen lassen kann, sollten wir Gott bitten, dass er die Kirche nicht fallen lässt, sondern ihr Menschen schickt, die in Wort und Tat ernst mit Gott und seinem Wort machen.
So könnten die in jüngster Vergangenheit geschehenen Fehler zu einer Chance für die Kirche werden.
Jörgen Bauer
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